Die Lesung und Podiumduskussion mit der Literaturwissenschaftlerin Gisela Hack-Molitor über ihr Buch „Lotte Paepcke. Als Jüdin in Nachkriegsdeutschland“ hätte kaum mehr Aktualitätsbezug haben können. Die Buchpremiere war eine Veranstaltung des SWR Studios Freiburg in Kooperation mit dem Förderverein des NS-Dokumentationszentrums Freiburg und wird in Kürze als Stundensendung im SWR nachhörbar sein.
Lotte Paepcke (1910–2000) wuchs in Freiburg in einer liberalen jüdischen Familie auf. Der Vater war Stadtrat, sie selbst studierte Jura – bis zur Zäsur 1933. Was mit der Naziherrschaft über die Familie hereinbrach, beschrieb sie in preisgekrönten Büchern. Kaum bekannt ist, dass sie die Wirtschaftswunderjahre mit klugen, pointierten Texten für Rundfunk und Zeitschriften begleitete. In anschaulichen Studien zu Rollenmustern, zu Geschäftigkeit und materieller Fixiertheit sowie nicht zuletzt zum Umgang mit Überlebenden des Holocaust rang sie um einen geistigen und politischen Neuanfang der jungen Republik. Ihr Einsatz für Emanzipation und Demokratie steht im Fokus des Buchs, aus dem Gisela Hack-Molitor am 24.10.2023 im Schlossbergsaal des SWR Studios Freiburg vorlas.
Im Podiumsgespräch mit Julia Wolrab, wissenschaftlicher Leiterin des NS-Dokuzentrums, und Christoph Ebner, Leiter des SWR Studios Freiburg und Vorstandsvorsitzender des Fördervereins NS-Dokuzentrum Freiburg, machte die Autorin auch deutlich, wie sehr Lotte Paepcke mit ihrem Leben als Jüdin im Nachkriegsdeutschland kämpfte, denn "[n]eutrale Normalität kann es für sie und uns nicht mehr geben."
Im Anschluss an die Lesung und das Gespräch wurde ein eindrücklicher Kurzfilm mit Lotte Paepcke gezeigt - das Abschlussprojekt des damaligen SWR-Volontärs Michael Hertle aus dem Jahr 1992. Den Film können Sie sich in der Mediathek des SWR anschauen.
Weitere Informationen
Die Stundensendung zur Veranstaltung wurde am 4.11.2023 im SWR live ausgestrahlt und ist auf der SWR Homepage verfügbar.
Über die Autorin
Gisela Hack-Molitor, Jahrgang 1960, lebt als Literaturwissenschaftlerin und Lektorin in Marbach am Neckar. Ihre publizistische Arbeit konzentriert sich überwiegend auf historische Studien. Sie hat sie verschiedene Arbeiten zu jüdischen Lebenswegen erstellt. Christoph Ebner leitet das SWR Studio Freiburg und engagiert sich im Förderverein Dokumentationszentrum Nationalsozialismus Freiburg e. V. als Vorsitzender. Julia Wolrab ist wissenschaftliche Leiterin des entstehenden NS-Dokuzentrums.
Die biografische Skizze „Lotte Paepcke. ‚Es wurde nicht wieder gut.‘ Als Jüdin in Nachkriegsdeutschland“ erscheint im 8 grad verlag in Freiburg.
Die Autorin Gisela Hack-Molitor © Corinna Holzer